Osnabrück, im Februar 2008
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Liebe Freunde und Förderer,
ich möchte euch/Ihnen von meinem Besuch in Addis im Januar berichten. Eines gleich vorweg: unser neuer Mitarbeiter vor Ort, Duke hat sich als sehr zuverlässig und vertrauenswürdig erwiesen, ein Geschenk für unsere Sache, mit der er sich voll identifiziert. Er ist gebildet und er spricht fließend englisch und italienisch. Momentan lernt er deutsch.
Insgesamt haben wir drei neue Kinder aufgenommen, bzw. drei Familien, wie aus den Einzelfallschilderungen hervorgeht.
Umrechnungsfaktor: 1 Euro = 13.3 Birr
Familie Mengte Chekol: Belaynesh ist ca. 25 Jahre (sie weiß es nicht genau). Sie hat ein kleines Baby (Kalkidan). Belaynesh lebt gemeinsam mit ihrem Baby und ihrer kleinen Schwester Yalemwork (10 Jahre alt) in einem kleinen Raum. Ein Zimmer kann man das nicht nennen, da es kein Fenster gibt. Die Familie kommt vom Lande aus der Region um Bahar Dar uns sie sind sehr schüchtern und zurückhaltend. Der Mann von Belaynesh ist gestorben und sie schlägt sich alleine durch. Sie arbeitet in dem Hotel, wo ich absteige, als Putzfrau und verdient im Monat 105 Birr, das ist weniger als 10 Euro. Davon kann man nicht leben, geschweige denn ein Kind zur Schule schicken. Ab Januar 2008 haben wir unsere Unterstützung gestartet und ab dem neuen Schuljahr (September 08) wird Yalemwork zur Schule gehen. Dies war ihr größter Wunsch.
Familie Ara`aya Yehdego: Die Mutter (39 Jahre alt) und der Vater sind HIV positiv. Der Vater ist vor acht Wochen gestorben. Das kleine Mädchen Kalkidan ist sieben Jahre alt und sie begreift natürlich nicht, dass ihre Mutter, das einzige was sie hat, bald sterben wird. Nach dem Tod des Vaters standen sie vor dem absoluten Nichts, sie hatten nicht einmal einen Platz zum Schlafen. Sie haben offenbar keine Verwandten. Die Mutter musste betteln, um nicht zusammen mit Kalkidan zu verhungern. Duke hat sie am Eingang einer Kirche gefunden. Er hat sich ihre Geschichte angehört, die von ehemaligen Nachbarn bestätigt wurde. Duke hat ihnen einen provisorischen Schlafplatz organisiert und die beiden mit dem Nötigsten versorgt. Als ich die beiden dann im Januar gesehen habe, war ich schockiert. Eine Mutter kurz vor dem Tod, die nur noch ihr King retten will. Duke hat für die beiden ein kleines Zimmer am Rande von Addis gemietet, wir sorgen für ausreichend Essen und Kalkidan wird im neuen Schuljahr die erste Klasse besuchen.
Familia Erku Mengistu: Die Mutter (32 Jahre) ist HIV positiv, der Vater gestorben. Habil (15 Jahre) geht zur Schule (grade 6). Hier geht es auch schon darum, die Tochter nach dem Tod der Mutter aufzufangen.
Die Mutter hat in einem Hotel gearbeitet, wurde aber nach Bekanntwerden der HIV Infektion gefeuert. So weit es ihr Gesundheitszustand zulässt, hilft sie ab und zu in einer Wäscherei und kann manchmal 200 Birr monatlich verdienen. Davon gehen aber schon 120 Birr für die Miete eines kleinen fensterlosen Raumes ab. Bleiben 80 Birr monatlich (sieben Euro) für Essen, Medikamente, Kleidung und Schulgebühren. Das reicht natürlich nicht. Unser Verein gibt bis September 2008 monatlich 300 Birr. Ab dem neuen Schuljahr wird Habil eine weiterführende Schule besuchen und wir stocken dann entsprechend auf.
Helen Negussie Gebreselassie (23) besucht einen zehnmonatigen Kurs, der sie zu einer Servicekraft im Hotelgewerbe ausbildet. Auf dem Programm stehen nicht nur Zubereitung und das Servieren von Speisen und Getränken sondern auch allgemeiner Service in einem Hotel. Helen eignet sich auch englische und französische Sprachkenntnisse an. Der Kurs endet im Herbst 2008 und wir hoffen natürlich, dass Helen mit dieser Qualifikation vielleicht im Hilton oder im Sheraton Hotel eine Stellung findet.
Hermela (5) und Mutter Abebech geht es auch gut. Das Kind war bei meinem letzten Besuch ziemlich krank, aber dieses Mal machte sie einen sehr munteren Eindruck. Lediglich mit der Ernährung gibt es ein paar Probleme. Nach intensivem nachfragen stellte sich heraus, dass Abebech die Familie zu einseitig bekocht. Duke und ich haben sie dann darüber aufgeklärt, wie eine ausgewogene Ernährung für ein wachsendes Kind aussieht. Sie hat nun verstanden, dass regelmäßig Obst und Gemüse auf dem Speiseplan stehen muss. Hermela macht sich sehr gut in der Vorschule.
Nachdem sie jetzt erst ein halbes Jahr auf der Akakischule (grade 5) ist, gibt es für Tirunesh (15) nur in zwei Fächern Probleme. Ich hatte schon in früheren Rundbriefen darauf hingewiesen, dass die Umstellung von einer Dorfschule auf eine renommierte Ganztagsschule wie Akaki riesig ist. Wir sprachen mit ihrer Klassenlehrerin und sie war voll des Lobes über sie. Ihr soziales Verhalten ist exzellent.
Das gleiche wurde uns auch vom Klassenlehrer von Kidist (15) bestätigt. Ich konnte Kidist allerdings nur kurz sprechen, weil sie kurz vor einer Klausur stand. Ich kann nur unterstreichen, dass beide sehr höfliche, zurückhaltende und liebenswerte Menschen sind. Beide haben mir bestätigt, dass sie sehr glücklich auf der Akaki Schule sind.
Der von uns am längsten geförderte Gizachew (17; grade 9) wurde vom Vizedirektor persönlich hoch gelobt. Er gehört zu den Klassenbesten und auch sein soziales Verhalten (er hat vor der geregelten Schulzeit auf der Straße gelebt) ist vorbildlich.
Genet Asnake (16) war, als wir sie fanden, auf dem Sprung in die Prostitution. Die Gefahr ist gebannt. Sie ist weit genug weg von Addis auf einem Internat in grade 9. Sie hat Freunde gefunden und sie ist dort glücklich. Ihre Leistungen in der Schule haben sich bereits gebessert (vgl. letzter Bericht). Sie hat uns an einem Nachmittag bei unserer Tour durch Familien begleitet. Sie war danach sehr beeindruckt; sie hat es noch nie erlebt, dass Menschen sich für Probleme anderer Menschen interessieren.
Familie Yohannes Alemayehu: Meseret (29), Mutter von zwei Söhnen (Eyob 6; Kidus 3) hat ihren Mann und Job vor zwei Jahren verloren. Danach hat sie gelegentlich für andere Familien die Wäsche gewaschen. Eyob unterstützen wir seit ein paar Monaten. Als ich sie fragte, was sie sich wünsche, antwortete Meseret, dass sie gerne einen vollwertigen Beruf ausüben würde. Das würde ihr Würde verleihen; ihre Kinder können dann sehen, dass sie (die Mutter) für sie sorgen kann. Duke und ich haben dann in meinem Hotel nachgefragt und es hat geklappt. Sie verdient zwar nicht viel (100 Birr), aber sie setzt klare Zeichen. Sie will nicht nur von Almosen alleine leben.
Israel Manaye (17), unser Fußballtalent, musste leider sportlich einen Rückschlag verkraften. Wegen körperlicher Schwäche hat ihn der Trainer zurückgestuft. Auf Nachfrage bei seiner Mutter stellte sich heraus, dass sie kein Geld für eine Vitamin-, Ballaststoff-, und Proteinreiche Nahrung aufbringen können. Bislang hatten wir nur die Schulgebühren bezahlt. Es hat sich jetzt gezeigt, das nicht ausreichend Geld für das Zimmer und Essen zur Verfügung stand. Sie haben sich aber nie beschwert. Wir haben den monatlichen Betrag aufgestockt. Israel gehört nach wie vor zu den besten Schülern und er wird bald auf ein College wechseln.
Lilena (9) und Meklit (5) Fekadu geht es auch sehr gut. Wir haben mit der Mutter gesprochen. Ihr Vater hat weiterhin seinen Job und wir beschränken uns hier auf die Schulgebühren.
Duke war bereits wieder aktiv und er hat eine neue Idee: Dieser Vorschlag hat mit Mikrokrediten (bis 1000 Euro) zu tun, ein Betätigungsfeld, das ja durch den Nobelpreisträger Mohammed Yunus vor allem in Indien für Furore gesorgt hat.
Mulu Seman Muhaba (25) hat einen kleinen Sohn Rediet (1.5). Sie ist eine von 20 !! Geschwistern. Der Vater des Kindes hat sie verlassen, als sie schwanger wurde. Ihr eigener Vater kann sich bei 20 weiteren Kindern nicht um ihre Zukunft kümmern. Sie möchte einerseits weiter zur Schule gehen, andererseits möchte sie den halben Tag nutzen, um in ihrem eigenen Business (beauty salon) ihren Lebensunterhalt mittelfristig selber bestreiten zu können. Zur Erklärung: ein beauty salon ist eher etwas wie ein Friseurladen bei uns. Rediet könnte in ihrer Abwesenheit von Ihren Eltern versorgt werden. Ein Freund von Duke hat selber mehrere dieser beauty salons und er kennt das business. Es wird momentan geprüft, wie viel Kapital für so eine Neugründung nötig ist. Es wird um die 700,0 Euro sein, die wir als Kredit gewähren müssten. Bezüglich dieses Punktes nehme ich gerne Anregungen entgegen. Ich werde die Angelegenheit mit dem Vorstand absprechen.
Als nächste Aktivität ist eine Kleidersendung nach Addis geplant. Michael Knuth, der im Transportgewerbe tätig ist, wird an einer speziellen Börse Möglichkeiten ausloten. Wir denken hierbei an eine größere Lieferung von mehreren Kubikmetern. Ich bitte an dieser Stelle schon einmal alle, sämtliche gut erhaltene Kleidung (Schuhe und Decken inkl., aber keine Oberbetten) von Babygrößen bis hin zu Erwachsenengrößen (männlich und weiblich) zwischen zu lagern. Weitere Instruktionen werden folgen.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Spendern und Förderern für euer / Ihr Vertrauen bedanken. Hervorheben möchte ich für das Jahr 2007 Dieter Tiemann, der anlässlich seines Geburtstages im November auf Geschenke verzichtet und stattdessen um eine Spende gebeten hat. So kamen mehr als 4000,00 Euro zusammen. Ab 2008 gehört er auch zu unseren Förderern und er beteiligt sich an organisatorischen Aufgaben.
Weiterhin danke ich der Ludwig-Windhorst-Schule in Person von Julia, Marcus Leonhard, dem Osnabrücker Turnerbund (OTB) in Person von Ingrid Haferkamp, der Firma Clausing in Person von Christian Staub sowie Firma Wernsing (Stefan Werning) für großzügige Spenden.
Konstantin Obolenski hat für uns die homepage (http://hilfe-zur-bildung.de/) erstellt und er unterstützt und berät uns auch weiterhin in allen Internet-Angelegenheiten. Herzlichen Dank!
Ich möchte an dieser Stelle auch Horst Grabow danken, der ab sofort die Buchführung des Vereins übernommen hat.
(Ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe.)
Ihr / Sie werden mir sicher zustimmen, dass wir etwas angestoßen haben. Unser Ziel sollte sein, in Zukunft noch mehr zu bewegen. Es ist nicht schwierig – in diesem Sinne möchte ich euch/Sie alle bitten: bleibt/bleiben Sie bei uns dabei !
Mit herzlichen Grüßen
Euer / Ihr
Klaus Mummenhoff