8. Familie Emebet Woldemicheal
(2; Mutter und Tochter Kalkidan)
Beide leben in Nazreth, ca. 120 km von Addis entfernt. Die Mutter ist HIV positiv aber gesundheitlich stabil. Die Mutter möchte nicht nur von unserem Geld abhängig sein und möchte einen Kredit bei uns aufnehmen, um einen kleinen Marktstand zu eröffnen. Sie hilft bislang bei ihrer Nachbarin aus und hat alles über den Handel mit Hühnern gelernt. Ich stehe diesem Vorhaben positiv gegenüber, geben wir doch diesen Menschen die Chance, auf eigenen Beinen zu stehen und auch selber für ihre Kinder zu sorgen. Ferner sollten wir berücksichtigen, dass HIV positive Menschen in Äthiopien von der Gesellschaft isoliert werden und selten Beschäftigung erhalten. Da bleibt nur der Weg in die Selbständigkeit.
Kalkidan (11 Jahre alt) ist in ihrer Klasse (5) von Rang 20 von 56 SchülerInnen auf Rang 4 vorgerückt; eine tolle Leistung. Kalkidan möchte gerne Ärztin werden. Dieses Mal haben wir Kalkidan und ihre Mutter in Nazreth besucht. Sie haben sich beide unglaublich gefreut und uns mit einem traditionellen Essen (Injera mit scharfer Chilisauce) bewirtet.
Als ich mich verabschiedete, hat Kalkidan geweint. Das hat mich sehr gerührt. Am Abend hat sie mich noch einmal angerufen und gefragt, ob wir sicher in Addis angekommen sind. In der Tat ist die Frage nicht abwegig, gilt doch die Fernstrasse von Djibouti nach Addis als Todesstrecke. Ich habe dort schon mehrere furchtbare Verkehrsunfälle gesehen.
Woldemichael Familie: Mutter Emebet und Tochter Kalkidan (07.01.2012)
Besuch Dezember 2012/Januar 2013:
Mutter und Tochter geht es sehr gut. Das Hühnergeschäft (Ankauf von Küken, Aufzucht, Verkauf der Hühner und Eier) floriert (s. Videos auf unserer homepage). Emebet versorgt mittlerweile 17 Hühner! Aus dem erzielten Profit hat sie bereits ein Schaf gekauft und weitere 20 Hühner sollen jetzt angeschafft werden. Das Konzept scheint aufzugehen und Ende 2013 beginnt Emebet mit der Rückzahlung ihres Minikredits. Allerdings engagiert sich Tochter Kalkidan wohl auch so sehr im Hühner-Business, dass sie die Schule etwas aus den Augen verloren hat. Sie hat mir aber versprochen, nächstes Mal mindestens Rang 7 zu erreichen. Kalkidan wird auch das Schultutorium besuchen. Sie benötigt auch ein paar Schulbücher, eine Wolldecke und eine Matratze.
Woldemichael Familie Kalkidan (04.01.2013)
Woldemichael Familie – Es gibt Injera (04.01.2013)
Woldemichael Familie – Das Schaf-Business (04.01.2013)
Woldemichael Familie – Das Hühner-Business 1 (04.01.2013)
Woldemichael Familie – Das Hühner-Business 2 (04.01.2013)
Stand 01.1.2012/29.01.2013
Besuch September/Oktober 2013:
Aus Zeitgründen konnte ich die Familie in Nazreth (ca. 120 km entfernt von Addis) dieses Mal nicht besuchen. Kalkidan hat ihr Versprechen eingehalten, sich in der Schule zu verbessern und sie ist immerhin schon auf Rang 12 (von 42) vorgerückt. Mutter Emebet zeigt sich als erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie verfügt momentan über 25 Hühner und 2 Schafe. Kalkidan hat nun Schulbücher, eine Decke und Matratze bekommen. Außerdem besucht sie ein Tutorium.
Stand 10.12.2013
Besuch Dezember 2014:
Emebets Hühner-Geschäft hat einen Rückschlag erlitten. Sie hatte bereits 55 Hühner, als durch ein Nachbarhuhn die Hühnerpocken in ihrem Stall 35 Hühner dahin gerafft haben. Sie wird weiter mit ihren 20 Hühnern arbeiten und so einen Teil des Lebensunterhalts bestreiten. Zwischenzeitlich hatte Emebet 3 Schafe, die sie aber verkauft hat und einen kleinen gebrauchten Fernseher angeschafft hat. Dies erschien der Mutter wichtig, da Kalkidan zuvor am frühen Abend zu Nachbarn ging, um dort Fernsehen zu schauen. Ich finde die Idee gut, eröffnen sich doch nun Möglichkeiten, BBC zu schauen und dabei Englisch zu lernen. Kalkidan (9/41) hat sich gegenüber dem letzten Schuljahr verbessert, obwohl sie wegen einer (echten) Grippe einige Tage in der Schule versäumt hat. Sie benötigt ein Mathematikbuch.
Mutter und Tochter Kalkidan (Dez. 2014)
Besuch Dezember 2015: Ich fahre immer wieder gerne nach Nazreth, um die willensstarke Emebet und ihre zielorientierte Tochter Kalkidan zu besuchen. Beiden geht es gut. Emebets Hühnerzucht hat sich von der Hühnerpest im letzten Jahr erholt und das Geschäft läuft wieder gut. Nebenbei hält sie noch zwei Schafe. Kalkidan hast sich wie versprochen in der Schule verbessert (80%; 6/41) und sie lernt gerne. Sie braucht einige Schulbücher und sie versprach, im nächsten Jahr ein noch besseres Zeugnis vorzulegen, um dann auf eine Privatschule gehen zu dürfen. Wenn Kalkidan diesen Leistungsstand hält, ist sie sicher eine gute Kandidatin für eine Privatschule.
Dez. 2015: Kalkidan Woldemichael
Besuch Dezember 2016: Kalkidan hat ihr Versprechen wahr gemacht und sie ist nun tatsächlich Klassenbeste. Trotz dieser sehr guten Leistung versprüht sie eine Zuversicht und Leichtigkeit, und selten habe ich eine so aufgeräumte und gut organisierte 16-jährige in Äthiopien gesehen. Kalkidan soll nun auf die beste Privatschule in Nazreth gehen, die St. Joseph School. Sie möchte sich intensiv auf die Aufnahmeprüfung vorbereiten und benötigt 5 Fachbücher. Spätestens ab dem nächsten Schuljahr braucht Kalkidan einen Laptop. Später möchte sie Medizin studieren. Wir können durchaus davon ausgehen, dass sie das realisiert. Der Mutter geht es gesundheitlich gut und ihr Hühnergeschäft ist erfolgreich. Neben den Hühnern hält Emebet jetzt 2 Schafe und 2 Ziegen.
Besuch Dezember 2017: Wieder einmal bin ich gerne nach Nazreth zu dieser dynamischen und freundlichen Familie gereist. Mithilfe des Laptops hat sich Kalkidan bestens auf der leistungsstarken Privatschule etabliert und sie schließt mit 3.4 von 4 Punkten (Rang 3 von 51) das National Exam (grade 10) ab. Das ist eine ausgezeichnete Leistung. Kalkidan benötigt ein Physikbuch, Schuhe und Kleidung sowie einen Schulrucksack. Kalkidan möchte Humanmedizin studieren und ich zweifle nicht eine Sekunde daran, dass sie dieses Studium erfolgreich absolviert. Die Mutter (HIV positiv) wirtschaftet immer noch klug mit Hühnern (momentan 15) und 3 Schafen. Somit hat sie eine Aufgabe und freut sich des Lebens.
Besuch Dezember 2018: Der Besuch dieser Familie hat uns wieder viel Freude bereitet. Kalkidan schließt mit 76.3% als 6. von 66 SchülerInnen das Schuljahr ab. Dabei trennen sie nur knapp 2 Prozentpunkte vom Klassenbesten (78%). In vier Monaten findet das entscheidende National Exam (grade 12) statt. Kalkidans Berufswünsche sind 1. Pilotin, 2. Ärztin, und 3. Ingenieurin. Ich traue diesem aufgeweckten Teenager alles zu. Mutter Emebet, die ja schon mit der Aufzucht und dem Handel von Hühnern und Schafen zum Lebensunterhalt beigetragen hat, möchte sich nun einem neuen Geschäftsfeld widmen, da ihr Hühnergeschäft immer wieder durch Infektionskrankheiten beeinträchtigt wurde. Krisensicher ist der Handel mit Eiern, Butter und Käse. Zur Lagerung dieser Lebensmittel braucht Emebet einen kleinen Kühlschrank. Da diese Familie zu unseren verlässlichsten Partnern gehört, plädieren Siegmund und ich für diese Unterstützung. Weiterhin benötigen Emebet und Kalkidan eine neue Matratze.
Besuch Mai 2022: Obwohl Kalkidan (Amhara) am liebsten Medizin studieren oder zu einer Pilotin ausgebildet werden möchte, hat sie das Bildungsministerium zunächst für das Stu-dienfach Pharmazie in Axum (Tigray) zugeteilt. Kalkidan (Amhara) hat dort auch erfolgreich studiert, bis die Stadt zunächst von eritreischen Truppen angegriffen wurde (und dabei Mas-saker verübt wurden) und später Racheakte der TPLF an amharischen Studierenden befürch-tet wurden. Auch unter Mithilfe meines Universitätskollegen Wolbert Smidt (einer der bes-ten Kenner Äthiopiens, lebt in Tigray und lehrt an der Universität von Mekelle), der über sehr gute Kontakte zu Politikern in Tigray verfügt, konnten viele amharische Studierende aus Axum/Tigray Region evakuiert werden. Kalkidan studiert nun im ersten Semester Medizin an der Arsi Universität in Assela, ca. 250 km südöstlich von Addis. Sie benötigt Schuhe und Klei-dung (3000 Birr).