3. Familie Kassahun

(3; Mutter Emebet, Sohn Getachew, Tochter Tigist)
Die Familie hat bis vor sieben Jahren in der Provinz Shoa im Dorf Dera als Bauern gearbeitet, als der Vater 2003 starb. Zuvor hat die Familie ihre Lebensgrundlage (zwei Kühe) zur Begleichung von Arztrechnungen verkauft und sie hat ihr Glück in Addis gesucht. Hier hat die Mutter Emebet (geb. 1987) die Familie durch Gelegenheitsarbeiten über Wasser gehalten. Beide Kinder Getachew (m, grade 5, geb. 17.09.2000) und seine Schwester Tigist (w, geb. 05.02.2002, grade 3) trugen aber auch durch den Verkauf von Lotterielosen zum Familieneinkommen bei. Auch in dieser Familie reichte es mit 230 Birr monatlich so gerade zum Durchkommen und an regelmäßigen Schulbesuch war nicht zu denken. Nun sind sie seit zwei Jahren in der Förderung und arbeiten sich in der Schule so langsam nach vorne. Getachew möchte gerne Pilot werden, Tigist liebt Zahlen und möchte gerne Mathematiklehrerin werden

Besuch Dezember 2012/Januar 2013:
Die Familie ist gesund. Obwohl wir die Familie unterstützen, die Kinder nicht mehr arbeiten müssen und sich somit voll auf die Schule konzentrieren können, sind die schulischen Leistungen schwächer geworden. Ich habe mit sehr klaren Worten erläutert, dass wir dieses so nicht akzeptieren. Wir erwarten zum nächsten Halbjahreszeugnis im Sommer eine klare Trendwende. Es kann nicht sein, dass wir Kindern den Rücken frei halten und diese dann faul werden. Um eventuell andere Gründe für den Leistungsabfall zu erfahren, wird Mesfen sich auch mit den Lehrern von Kassahun und Tigist treffen.

Kassahun Familie: Mutter Emebet Ababu, Sohn Getachew und Tochter Tigist (05.01.2012)


Stand 01.1.2012/29.01.2013


Besuch September/Oktober 2013:
Tigist und Damtew geht es gut. Beide Kinder haben sich erfreulicherweise in der Schule verbessert, obwohl es durchaus noch Luft nach oben gibt. Hier haben meine mahnenden Worte offenbar gefruchtet. Die Kinder haben ein Wörterbuch erhalten sowie eine warme Decke.


Stand 10.12.2013


Besuch Dezember 2014:
Die Familie ist wohlauf, aber mit den schulischen Leistungen können wir nicht zufrieden sein. Obwohl beide nicht mehr neben der Schule arbeiten müssen, sind die Leistungen durchschnittlich (Getachew, 19/40) bis bis nicht zufriedenstellend (Tigist, 28/40). Ich habe hier klare Worte gefunden, um diese beiden Jugendlichen auf den richtigen Weg zu bringen. Wir werden im nächsten Jahr sehen…


Besuch Dezember 2015: Leider hat die Mutter Emebet die beiden Kinder (gegen deren Wunsch) im Sommer 2015 verlassen und ist nach Djibouti gegangen, angeblich um hier Geld für die Familie zu verdienen. Auch Yared wurde nicht von der Mutter informiert. Dieses Verhalten ist verantwortungslos; sie ruft nur alle zwei Monate an und hat den Kindern bislang noch kein Geld gesendet. In diesem Zusammenhang wundert es nicht, wenn das Zeugnis von Kassahun schlechter ausgefallen ist. Überraschenderweise ist das Zeugnis von Tigist besser als im Vorjahr; Schwächen zeigt sie in Sport, obwohl sie aktiv in einer Volleyballmannschaft spielt. Ungemach droht nun auch vom Vermieter, der den beiden Kinder gekündigt hat. Ich denke, wir haben hier eine besondere Verpflichtung.


Besuch Dezember 2016: Nachdem die Mutter zwischenzeitlich wieder aufgetaucht war, ist sie trotz unserer Warnung – auch gegen den Willen der Kinder – Mitte September 2016 wieder nach Djibouti verschwunden. Ein völlig unverantwortliches Benehmen. Aber sollen dafür die Kinder büßen? Getachew musste aus Geldmangel einen Job als Assistent eines Sammeltaxis annehmen. Er arbeitete jeweils am Samstag und Sonntag und verdiente monatlich ca. 600 Birr. Natürlich hat seine Leistung in der Schule etwas darunter gelitten, obwohl er das National Exam bestanden hat. Unsere bisherige Unterstützung betrug 1200 Birr, das reichte gerade für die Miete. Wir geben nun zunächst für das kommende Jahr 800 Birr zusätzlich, dafür gibt Getachew seinen Job auf und konzentriert sich auf die Schule und unterstützt diesbezüglich auch seine kleinere Schwester.


Besuch Dezember 2017: Leider sind meine Worte auf keinen fruchtbaren Boden gefallen. Getachew ist durchgefallen. Möglicherweise hat er seinen Job nicht aufgegeben und konnte sich somit nicht ausreichend auf die Schule konzentrieren. Anscheinend leben die Geschwister auch nicht mehr zusammen. Tigist legt allerdings ein passables Zeugnis vor. Ich schlage vor, die Förderung für Getachew auszusetzen, aber Tigist (nach Rücksprache mit ihr) weiter zu fördern.


Besuch Dezember 2018: Tigists Bruder Getachew hat offenbar mit seinem Verdienst als Kassierer in einem Minibus (Sammeltaxi) einen Führerschein machen können und konnte nun selber einen Minibus fahren. Offenbar ist durch sein (Mit)Verschulden bei einem Verkehrsunfall ein Mensch tödlich verunglückt und Getachew sitzt nun eine 3.5 jährige Freiheitsstrafe im Gefängnis ab. Nach dem Verlust der Mutter (sie ist nach Djibouti gegangen) ist dies nun der zweite Schicksalsschlag für die Siebzehnjährige. Sie ist nun völlig alleine und wir sollten unsere monatliche Unterstützung von 1.200 Birr auf 2000 Birr erhöhen. Sie teilt sich eine kleine Lehmhütte mit einer Freundin und hat trotz des schwierigen Umfeldes erfolgreich die 8. Klasse abgeschlossen.


Besuch Mai 2022: Obwohl wir Tigist gut unterstützt haben, hat sie ihr letztes Zeugnis trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgegeben. Wir können daraus nur ableiten, dass sie nicht mehr zur Schule geht und auch kein Interesse an einer guten Ausbildung hat. Das ist traurig, aber wir müssen konsequent sein. Sie fällt somit aus der Förderung.

2012 Mutter Emebet Ababu, Sohn Getachew, Tochter Tigist 2012 Mutter Emebet Ababu, Sohn Getachew, Tochter Tigist